Ich mache mich gefasst Auge in Auge mit den Bildern einer Ausstellung zwischen dem „Frühstück im Grünen“ von Manet und „Guernica“ von Picasso. Ich mache mich gefasst mit den Bildern einer Ausstellung die trojanischen Kettenhunde des Friedens bellen und knurren zu hören. Ein fröhliches Heulen, bis der vermeintliche Friede panzerweise verloren geht. Ich mache mich gefasst, mich im Nullgrund des historischen Pessimismus wiederzufinden in meiner Zeile: „Mit spitzem Schrei zerbricht ein altes Porzellan/jedoch beim leisen Sprung schon läutete es ein sein Ende.“
Friede ist plötzlich Heckmeck, das Drunterdrüber der Fackelzügler. Nacht bricht an. Melde dich! Melde dich, du Hoffnung gegen die Heimzahlung, die Heimtücke. Behellige mich, Friede, mit deiner Behaglichkeit. Wie friedsam doch ein Friedhof sein kann!
Die Kunst ist ein Kampf, eine Fehde mit der Heimsuchung. Ringen, Tauziehen, Eifer, Zerrissenheit. Und dann kommt das Handgemenge. Man will eine Arbeit machen und drückt alles andere weg. Man wird rücksichtslos, böse, wenn man seine Arbeit nicht machen kann. Ein Zeppelin zappelt in den Spalten des Hirns. Im Zwiespalt keifen sich die berauschenden Stimmen an. In Bronze gegossen, auf Ton geschrieben, auf Lehm gebaut, verspatelt, verschnürt, verflixt und nicht zugenäht. Ein Nest im Stacheldraht. Am Anfang war die Welt wüst und leer, und dann zündelte der Götterfunke. Das ist Brandstiftung mitten im Idyll, wo violett die Einsamkeit Eintracht vorspiegelt, wo Berührungsangst das Schutzgitter inmitten aller Versehrtheit zu sein scheint. Im Schafspelz, im Blutpelz wird Rudelimmunität zur Schießbudenwahrheit. Die Himmelscheibe ist zerfressen, und die Planquadrate der Sandkastenspiele sind vorgemerkt für eine neue Realität.
Da hockt die fette Taube, die sich Friede nennt. Sie ist rot, sie gurrt: Leben, Blut, Tod, alles nur Flussschaden. Sie ist zahm und verträglich, weiß und versöhnlich. Eine Brieftaube. Von der Mutter einen Gruß. Lieber Vogel, fliege weiter. Frieden ist das betrunkene Wecken von Träumen auf Papier, auf Sand, auf den lieben Zeichen der Ewigkeit.
Ines Baumgartl
(Rede zur Ausstellungseröffnung „Frieden und Krieg“ der Künstlergruppe umKunst in der Klosterkirche Angermünde, 29.8.2020)
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