Dienstag, 21. September 2021

Ines Baumgartl Text/Rede zur Aufstellung von Arne Kalkbrenners „transit pieces“ in Fürstenwerder - Uckermark, gehalten am 20.08.2021

 

Arne Kalkbrenner „transit pieces“

Die Ware auf den Markt bringen, feilbieten, schachern, feilschen und sich handelseinig werden, womöglich händeringend, dann jedoch handfest mit Handschlag. Die Zölle und Abgaben eingerechnet. Der Wagen rollt wieder, der Schlagbaum fällt.

Handelswege sind das Thema der Arbeit „transit pieces“ von Arne Kalkbrenner, doch nicht das rollende Rad ist hier zu sehen. Es braucht nur die Vorstellung von schweren Lasten, von Fahrspuren, tief eingedrückt. Auf dem Boden findet das Auge des Betrachters aber kein Kreuz und Quer. Der Sockel ist Teil der Gestaltung, und er zeigt: Hier geht es nicht vom Irgendwoher ins Irgendwohin, hier ist der Weg, der mit steter Ruhe befahren wurde, um an ein Ziel zu kommen. So zurückhaltend wie der Bildhauer hier im Offenen bleibt, so genau hat er sich wohl vom Entwurf bis zur Anschauung nicht übers Probieren seinem Thema angenähert. Denn was bedeutet es, ein solches Werk in seiner Kraft umzusetzen? Wenn nicht nur der Anblick, sondern auch schon die Nutzbarkeit in der Skizze sichtbar werden, wenn Baugenehmigungen und Statikgutachten keine Rolle spielen sollen, dann hat sich da einer überlegt, was er will, was er braucht und wie viel es kosten wird. Und so ruht er fest am Boden, der Betonguss mit Gold- und Bleianteilen. Dafür mussten vier Wochen lang Formen aus Siebdruckplatten gebaut werden. Eine erste Version mit Beton der Prenzlauer Firma BTT war jedoch noch nicht für die Dauerhaftigkeit bestimmt. Die vorliegende, durch die Firma Retzlaff zum Parmener Atelier und jetzt nach Fürstenwerder transportierte ist ein Guss von Geitner-Bau Joachimsthal, spezialisiert auf Betonelemente und mit Erfahrung auch für künstlerische Güsse, zum Beispiel für das Holocaust-Mahnmal. Vor Ort wirkt der Künstler beim Einschalen und Ausschalen mit, holt sich die Hilfe von zwei Kolleginnen beim Verbleien und Vergolden. Denn aus einer der drei erhabenen „Transportkisten“ schimmert es verführerisch, die anderen bleiben verschlossen. Was sie wohl enthalten könnten? Der Künstler befördert mit dem Werk „transit pieces“ das Uneindeutige, das dem Betrachter den Schritt ins Niemandsland der eigenen Gedankensprünge ermöglicht. Die Durchziehenden auf den Handelswegen haben vielleicht noch etwas hinterlassen: rauschende Moden, fremde Sitten, Lieder, Gesänge, Tänze und vor allem neue Bezeichnungen für neue Dinge. Wörter für die Abstellkammer, in der Stroh zu Gold gesponnen wird. Reichtümer, die ungeahnt waren. Und aus den kompakten Quadern flüstert es: Das Nutzbare hat etwas Märchenhaftes. Verweile doch.

Ines Baumgartl

 

Am Freitag, dem 20. August 2021, wurde dieses Kunstwerk in Fürstenwerder
(Wallscheunenweg) der Öffentlichkeit übergeben.

 

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