Das andere Herz des
Klanges
Anana Indigo
Orange
Karminrot
Terrakotta volltönend...
Sind wir hier in
einer Ausstellung?
Oder gehen wir
spazieren in den Klangfarben von Wasser Erde Feuer Luft?
Stehen und schauen
ist gleichzeitig hören. Alles, was wir hier sehen, hat einen Rhythmus. Der
wohltönende Klang erzeugt ein Echo, eine Resonanz: aus der Farbwelt der Malerin
rückübersetzt in den eigenen Körper, und wer hört, ergänzt mit den Augen die
Klangketten der Figuren.
Die Malerin Gesine
Storck und die Bildhauerin Gudrun Sailer spielen auf zu Klang und Nachklang,
Hall und Widerhall. Dieses unablässig wiederholte Ritual hat schon fast
Litaneicharakter, eine kleine Heiligkeit, die sich in unterschiedlichen
Lautstärken aufschwingt.
Tumult und
Finsternis, Heiterkeit und Intensität, der Trompetenschwall der Leidenschaft,
die lächelnde Unbefangenheit, mit der die in der Verdunkelung aufzischende
Flamme des Pinselschwingens vernehmbar wird, machen die Bilder von Gesine
Storck zu einem Schallereignis. Der geheimnisvolle Urgrund des Hörbaren, das
Mysterium der Urlaute übergießt die Bewegung des Malens mit Schwerelosigkeit.
Die schwerwiegende Intensität der Teiltöne wird erlöst im Gefüge der Farbe.
Jede Aufhellung, jeder Lichtschimmer springen auf gegen das Konstruktionsspiel der
Komposition – Traum und Improvisation sind das Gewirke, das auch die Texttüren
öffnet.
Übereinanderschichtungen,
Geschiebe, Gedränge, das nicht die Lücken schließt, sondern öffnet, erhellen
die Klangmagie beider Künstlerinnen. Der Ruf des Entbehrten schließt Fuge um
Fuge, schon ist nicht mehr klar, ob Auge oder Ohr hier verbinden.
Die rauhen
Oberflächen, felsartigen Brüche und geschmeidigen Biegungen der Figuren von
Gudrun Sailer werden Schwingungen. Sanft pulsieren die Bewegungen und
Stockungen der Tonfolgen (hier auch im Sinne des Materials gesprochen),
verändern immerwährend die Leiblichkeit der Formen. Angehaltene Bewegung,
erdenschwere Beschwingtheit, der innehaltende Atem, der das Lied hervorbringen
wird: Jede Schwellung ist ein Anformen an das andere Herz des Klanges. Glasuren
glätten und verbinden, wenn kein Schlüssel mehr da ist für die Notenzeilen
scheinbar ungeordneter Rhythmen. Färbung und Schattierung machen, was kratzig,
rauh und stimmlos war, lebhaft.
Wenn ich dichte,
dann heißt das, dass ich jeder Zeile ihre Klangfarbe sichere. Der Zauber der
Vokale A E I O U bedrängt mein Hören, noch ehe ich ein Wort finde.
Wie weggetreten ist
der Mensch beim Schaffen von Bildern und Formen.
Sind wir hier in
einer Ausstellung? Ich möchte über diesen Klängen gehen wie auf Wolken, allein
mit dem Wirbel der eigenen Herztrommel farbkundig werden.
Anana Indigo Orange
Karminrot
Terrakotta volltönend
Ines Baumgartl
Rede zur
Ausstellungseröffnung „Anana“ am 12.4.2014, Galerie am Kietz in Schwedt/Oder
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