Dienstag, 29. April 2014

"Anana" - zur Ausstellung von Gesine Storck und Gudrun Sailer im Kunstverein Schwedt



Das andere Herz des Klanges
Anana Indigo Orange
Karminrot Terrakotta volltönend...
Sind wir hier in einer Ausstellung?
Oder gehen wir spazieren in den Klangfarben von Wasser Erde Feuer Luft?
Stehen und schauen ist gleichzeitig hören. Alles, was wir hier sehen, hat einen Rhythmus. Der wohltönende Klang erzeugt ein Echo, eine Resonanz: aus der Farbwelt der Malerin rückübersetzt in den eigenen Körper, und wer hört, ergänzt mit den Augen die Klangketten der Figuren.
Die Malerin Gesine Storck und die Bildhauerin Gudrun Sailer spielen auf zu Klang und Nachklang, Hall und Widerhall. Dieses unablässig wiederholte Ritual hat schon fast Litaneicharakter, eine kleine Heiligkeit, die sich in unterschiedlichen Lautstärken aufschwingt.
Tumult und Finsternis, Heiterkeit und Intensität, der Trompetenschwall der Leidenschaft, die lächelnde Unbefangenheit, mit der die in der Verdunkelung aufzischende Flamme des Pinselschwingens vernehmbar wird, machen die Bilder von Gesine Storck zu einem Schallereignis. Der geheimnisvolle Urgrund des Hörbaren, das Mysterium der Urlaute übergießt die Bewegung des Malens mit Schwerelosigkeit. Die schwerwiegende Intensität der Teiltöne wird erlöst im Gefüge der Farbe. Jede Aufhellung, jeder Lichtschimmer springen auf gegen das Konstruktionsspiel der Komposition – Traum und Improvisation sind das Gewirke, das auch die Texttüren öffnet.
Übereinanderschichtungen, Geschiebe, Gedränge, das nicht die Lücken schließt, sondern öffnet, erhellen die Klangmagie beider Künstlerinnen. Der Ruf des Entbehrten schließt Fuge um Fuge, schon ist nicht mehr klar, ob Auge oder Ohr hier verbinden.
Die rauhen Oberflächen, felsartigen Brüche und geschmeidigen Biegungen der Figuren von Gudrun Sailer werden Schwingungen. Sanft pulsieren die Bewegungen und Stockungen der Tonfolgen (hier auch im Sinne des Materials gesprochen), verändern immerwährend die Leiblichkeit der Formen. Angehaltene Bewegung, erdenschwere Beschwingtheit, der innehaltende Atem, der das Lied hervorbringen wird: Jede Schwellung ist ein Anformen an das andere Herz des Klanges. Glasuren glätten und verbinden, wenn kein Schlüssel mehr da ist für die Notenzeilen scheinbar ungeordneter Rhythmen. Färbung und Schattierung machen, was kratzig, rauh und stimmlos war, lebhaft.
Wenn ich dichte, dann heißt das, dass ich jeder Zeile ihre Klangfarbe sichere. Der Zauber der Vokale A E I O U bedrängt mein Hören, noch ehe ich ein Wort finde.
Wie weggetreten ist der Mensch beim Schaffen von Bildern und Formen.
Sind wir hier in einer Ausstellung? Ich möchte über diesen Klängen gehen wie auf Wolken, allein mit dem Wirbel der eigenen Herztrommel farbkundig werden.
Anana Indigo Orange
Karminrot Terrakotta volltönend
Ines Baumgartl
Rede zur Ausstellungseröffnung „Anana“ am 12.4.2014, Galerie am Kietz in Schwedt/Oder

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