Künstlerische Spurensuche geschieht aus einem anderem Blickwinkel, als dies bei Archeologen der Fall ist. Ausgerüstet mit dem Fotoapparat durchstreifte Christina Pohl die leerstehenden Wohnungen der Schwedter Straße 26-28 und dokumentierte interessante Details in den hinterlassenen Räumen. Besonders hatten es ihr die Tapeten angetan, deren vielgestaltige Muster aus den langen Jahren der Vermietung stammten und die Geschmack und Leben ihrer Bewohner verrieten. Die von den Wänden gezupften Stücke gaben den Blick auf ältere Schichten frei, sogar ein Prenzlauer "Uckermärkischer Courier" vom 19.Mai 1911 war unter den Tapeten verklebt und fand Eingang in eine ihrer Collagen.
Collage und Zeichnung von Christina Pohl Repro: G.Narr |
Jeder hat Erinnerungen an die eigenen Tapeten in Kindheit und Jugend, verbindet schöne, vielleicht auch negative Erinnerungen damit. Bernd Rissmann entdeckte Muster von Tapeten, die er in den 1980er Jahren als Maler des VEB Gebäudewirtschaft selbst geklebt hatte. Inzwischen Handwerksmeister einer eigenen Malerfirma, erzählte er bei der Ausstellungseröffnung von den Problemen von vor fast 30 Jahren, als die Tapeten direkt bei der Schwedter Papierfabrik abgeholt wurden, um nicht mit dem Arbeitspensum hinterherzuhängen. Er weiß von Leimdrucktapeten zu berichten, deren Muster nicht eingeweicht werden durfte, sonst verwischte es beim Glattbürsten. Auch dass der Zellleim früher besser gehalten hat, da er auf pflanzlicher Basis hergestellt wurde, während heute die Untergründe glatt sein müssen, damit der synthetische Kleister sein Haltevermögen nicht einbüst. Andere Anwesende erkannten Tapetenmuster wieder, die sie früher an den eigenen vier Wänden hatten und führten lebhafte Gespräche darüber.
Die Wohnbau Prenzlau GmbH unterstützte die Künstlerin bei ihrem Vorhaben und erwarb die Verwertungsrechte der in den Wohnungen entstandenen Fotos. Das ermöglichte Christina Pohl, die für die Präsentation ihrer Collagen notwendigen Rahmen zu kaufen.
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